Glühwein schmeckt auch in Schottland

Haeuser in Schottland in denen Gluehwein getrunken wird der lecker schmeckt
Glühwein schmeckt auch in Schottland

 

Glühwein schmeckt auch in Schottland – In diesem Jahr erhältst Du meinen Weihnachts- und Neujahrsgruß in Form einer Kurzgeschichte. Lass Dich mitnehmen in eine Geschichte, die vom Abschiednehmen und Neubeginn handelt. Von der Kunst, aus den Steinen, die uns immer wieder in den Weg gelegt werden, etwas Schönes zu machen. Eine Geschichte, die im Übrigen zu jeder Jahreszeit aktuell ist.

Meine Kurzgeschichte möchte ich zum Anlass nehmen, Dir das Konzept der „Salutogenese – Was uns gesund hält“ vorzustellen. Ich habe dazu einen extra Beitrag geschrieben, weil ich das Konzept nicht in ein paar Worten abhandeln wollte. Dazu finde ich Salutogenese viel zu interessant und bedeutsam. Vielleicht geht es Dir genauso, mit einem Klick kommst Du zu meinem Beitrag. 🙂

Glühwein schmeckt auch in Schottland – von Bettina Bonkas

„Noch etwas Milchkaffee?“

Ihre Gastgeberin hielt ihr die Espressokanne einladend entgegen. Eigentlich war Martha wunschlos glücklich, aber sie wollte einfach noch nicht Alva und ihre gemütliche Küche verlassen. Wo hatte sie nur all diese schönen Sachen her? Das kleine Holzschränkchen mit den Verzierungen und den bunten Knöpfen? Der große Spiegel mit geschwungenem Metallrand, in dem diese starke Postkarte steckte, auf die sie immer wieder schauen musste:

„What if I fall? – Oh, my darling, what if you fly*?“

(*“Was ist, wenn ich falle? Aber mein Schatz, was ist, wenn du fliegst?“)
Die Hände um die große Tasse haltend, ließ sie sich Kaffee & Milch nachschenken und blickte gedankenverloren aus dem Fenster, auf die mit Schnee bepuderten Dächer. Rauch stieg aus den Schornsteinen, Kristalle hingen an den Bäumen. Überall Weihnachtsbeleuchtung, die dem grauen Tag einen wundervollen Glanz verlieh. Was für eine Atmosphäre!

Gestern noch stand sie gestresst auf der Autobahn mit angespanntem Rücken und Kopfschmerzen. Sie hatte schon wieder bereut, dass sie – einer spontanen Eingebung folgend – diesen Kurztrip so kurz vor Weihnachten gebucht hatte. Aber jetzt war sie einfach nur froh, hier zu sein. Es war irgendwie total verrückt, aber sobald sie Alvas Wohnung betreten hatte, fiel all die Anspannung von ihr ab. Alva strahlte eine wohltuende Ruhe aus und gleichzeitig war sie so lebendig.

Komm, ich zeige Dir erst einmal Dein Zimmer. Wenn Du soweit bist, kannst Du gerne zu mir hoch in die Küche kommen und ich mache uns einen Tee.“ Die Tasse Tee zur Begrüßung kannte Martha sonst nur aus England.

Gerne war sie Alvas Einladung gefolgt. Das Schöne und vor allem Entspannende war, dass sie einfach nur dasitzen konnte. Alva schien instinktiv zu spüren, dass ihr nicht nach reden war. Sie wollte einfach nur diese wohltuende Ruhe genießen, die von dieser Frau und ihrer Wohnung ausging.

Am zweiten Abend reichte ihr Alva Stifte und Papier. „Du magst vielleicht aufschreiben, was Dich bewegt. Damit bekommst Du es ziemlich gut aus dem Kopf.“

Martha zögerte erst, dann begann sie zu schreiben.

Von der Demütigung, dem Vertrauensbruch, der Enttäuschung und der Wut – ihrem ganzen Gefühlschaos -, als sie herausfand, dass Björn sie betrogen hatte. Die Zeit, als der tiefe, fast schon unerträgliche Schmerz einsetzte und das erwachende Bewusstsein, wie sie sich im Laufe der Zeit verändert hatte. Eigentlich wollte sie Björn verzeihen, aber letztendlich wurde sie immer misstrauischer und vermeckerter. Sie legte Verhaltensweisen an den Tag, die sie nie haben wollte und wurde ihrer Mutter immer ähnlicher. Sie war auf dem besten Weg, eine unzufriedene, misstrauische und vermeckerte Frau zu werden, die sich voll auf den Job konzentrierte. Wenigstens da lief es gut. Sehr gut sogar. Trotzdem, sie wollte nicht so eine Miesepeterin sein. Dafür war sie viel zu jung. Außerdem zeigte sich das später in den Gesichtszügen. Ne, ne, ne, sie wollte später lieber ein gütiges, lebendiges Gesicht mit Lachfalten haben. Aber dann, wie konnte Björn ihr das nur antun?!

Kamingespräche

„Du kannst vor Deinen inneren Verletzungen nicht davonlaufen, Martha.

Sie hatten es sich wieder einmal in Alvas Wohnzimmer vor dem Kamin gemütlich gemacht. Beide saßen in ihren Ohrensesseln, die Füße auf Fußstühlen gelegt, warm eingepackt in Decken mit Zopfmustern. Wo Alva die nur wieder herhatte? Der Raum war von Kerzen und Lichterketten beleuchtet. Martha schaute wie fixiert auf die  Weihnachtspyramide, die sich schwungvoll drehte und wärmte ihre Hände an ihrerTasse. Der abendliche Glühwein vor dem Kamin, den Alva nach einem alten Familienrezept selbst zubereitete, wurde zu einer lieb gewonnenen Gewohnheit.

Glas mit Gluehwein der auch in Schottland schmeckt

„Ich möchte gar nicht beurteilen, ob du Björn verzeihen sollst oder nicht. Das steht mir auch gar nicht zu. Aber wenn ich dir zuhöre, Martha, nehme ich da mehr wahr. Einen tieferen Schmerz.“

„Wie hat Du es geschafft, so zu werden, wie du bist, Alva?“

Alva lachte. „Indem ich mich selbst irgendwann nicht mehr leiden konnte. Ich hatte mich immer mehr von mir entfernt. War nur noch am Funktionieren, wollte es allen recht machen, war gestresst und als Konsequenz immer gereizter und unzufriedener. Das mit dem Verzeihen kenne ich, sehr gut sogar. Meinem damaligen Mann zuliebe verzichtete ich auf Kinder. Er wollte keine. Dann verließ er mich für eine Jüngere und gründete mit ihr eine Familie. Für mich war es mittlerweile zu spät.“

„Wie fies ist das denn? Was ist das denn für ein Arsch!“ Martha war völlig emport.

„Zu so einer Vereinbarung gehören immer zwei, Martha. Auf Kinder zu verzichten war meine eigene Entscheidung, auch wenn ich es Olaf zuliebe gemacht habe. Ich hätte mich auch gegen Olaf entscheiden können.“

„Aber …“

„Martha, die Entscheidung habe ich selbst getroffen, er hat mich nicht dazu gezwungen. Es ist leicht in die Opferrolle zu gehen und Olaf alleine die Schuld zuzuschieben. Dazu gehören meistens zwei. Es hat mich aber einige Zeit gebraucht, zu dieser Erkenntnis zu kommen. Aber ja, Olaf hat mich sehr verletzt. Es hat verdammt weh getan damals.“

„Wie bist Du damit fertig geworden?“ Martha war neugierig.

Meine Reise zu mir

„Das war ein längerer Prozess, in dessem Verlauf ich mich immer besser kennengelernt habe. Und darum geht es letztendlich, sich immer besser kennenzulernen, zu wissen, was uns triggert. Ich habe mich mit meinen Ängsten und Unsicherheiten auseinandergesetzt und mir ziemlich unbequeme Fragen gestellt. Z.B. Was hat mich am meisten verletzt an Olafs Vertrauensbruch? Und warum? Oder: Warum ist es mir so peinlich vor unseren Freunden, dass Olaf mich verlassen hat? Warum ist mir so wichtig, was sie von mir denken? Und ich bin gereist, habe auf die Kinder anderer Leute aufgepasst und auf diese Weise viel über Land & Leute erfahren und auch noch meinen Horizont erweitert. Ich habe mich auch Theatergruppen angeschlossen, Theater gespielt und selbst immer wieder Theaterstücke geschrieben. Beim Reisen und Theaterspielen lernst du ganz viel über dich selbst. Und ich habe mich auch wieder verliebt. Es ist noch ganz frisch.“ Alva lächelte.

„Dann hatte die Trennung von Olaf etwas Gutes für Dich,“ sinnierte Martha, die Tasse Glühwein in ihren Händen drehend.

Glas mit Gluehwein der auch in Schottland schmeckt

„Sagen wir mal so, sie hat mir bewusst gemacht, dass ich auf dem besten Weg war, mich zu verlieren. Das fand schon vorher statt. Olaf hat uns beide vermutlich vor einer langen, unglücklichen Ehe bewahrt, in der sich die Eheleute zum Schluss nur noch gegenseitig annerven.“

„Es muss doch noch irgendetwas geben, was Du mir mitgeben kannst, Alva. Bei Dir fühle ich mich innerlich ganz ruhig. Aber ich weiß, das wird sich wieder ändern, sobald ich zu Hause bin.“

„Was ist es, was Dich hier innerlich zur Ruhe kommen lässt, Martha?“

„Es gibt keinen Druck bei Dir, nichts. Du hast keine Erwartungshaltung an mich, so wie die anderen. Erwartest keine Entscheidung von mir. Du nimmst mich so, wie ich bin. Das ist unglaublich wohltuend.“ Martha lehnte sich zurück und schloss die Augen.

„Und wie sieht es bei Dir selbst aus? Wie ist Deine eigene Erwartungshaltung Dir selbst gegenüber?“

„Stark sein. Entscheidungen treffen. Genau wissen, was ich möchte.“

„Und wie sieht es wirklich in Dir aus?“

„Scheiß unsicher. Ich weiß gerade echt nicht, was ich möchte. Björn verzeihen oder nicht. Aber irgendwie fühlt sich das gerade gar nicht so wichtig an.“

„Und was fühlt sich gerade wichtig für Dich an, Martha?“

„Warum ich es immer jedem recht machen möchte. Warum ist die Anerkennung anderer so verdammt wichtig für mich?“

„Wenn Du hierauf eine Antwort findest, Martha, kannst Du von Deinem Inneren heraus entscheiden, ob Du Björn und Dir wirklich eine Chance geben möchtest oder ob Du in dein übliches Verhaltensmuster fällst und die Erwartungen anderer erfüllst.“

Martha wusste instinktiv, dass Alva einen wunden Punkt angesprochen hatte, den sie sich ansehen musste, wollte sie dieses Verhaltensmuster durchbrechen und Entscheidungen frei treffen. Sie würde dafür Alvas Tipp folgen, ihre Gedanken aufzuschreiben. Das, was sie bewegte und vor allem ihren Kopf frei bekommen. Sie nahm so unglaublich viel mit von diesen Gesprächen.

„Meine Liebe, mach‘ dir immer bewusst, dass ein zufriedener Mensch dich nicht schlecht behandeln wird. Für mich war es eine befreiende Erkenntnis, als ich realisierte, dass ein Mensch, der zufrieden mit sich und seinem Leben ist, dich respektvoll behandeln wird, auch wenn er nicht immer mit dir übereinstimmt. Für ihn bzw. sie gibt es keinen Grund, dich zu verletzen. Respektloses Verhalten hingegen erfährst du von Menschen, die unzufrieden mit sich und ihrem Leben sind und jemanden suchen, an dem sie es auslassen können, um sich selbst zu erhöhen. Mach‘ dir immer und immer wieder bewusst: Es ist ihr Problem. Nicht deins! Und mache es nicht zu deinem.

Das Leben wird dir immer wieder Steine in den Weg legen, Martha. Und du wirst immer wieder über sie stolpern. Aber es liegt an dir, ob du sie für etwas Sinnvolles nutzt oder ob du sie als Stolperfallen nimmst. „Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen.“ Dieses Zitat wird übrigens Goethe zugeschrieben, aber laut Experten ist das nicht richtig (dpa-Faktencheck). Gut ist es aber trotzdem.“

Martha spürte instinktiv, dass sie sich mehr Menschen suchen würde, die ihr guttaten. So wie Alva, wobei diese etwas ganz Besonderes war. Das war nicht ihr letzter Besuch bei ihr. Immer wieder besuchte sie diese besondere Frau, um aufzutanken und mehr über sich zu erfahren.

Leben ist Veränderung

Es kam nicht überraschend, aber es war dennoch ein Schock, als Alva ihr eines Tages mitteilte, dass sie wegziehen würde: nach Schottland zu ihrem Freund Daniel. Er hatte sich seinen großen Traum erfüllt und sein Hobby zum Beruf gemacht. Er spielte jetzt als Musiker in einer Band und sie würde ihn auf seinen Tourneen rund um die Welt begleiten.

Puh, Alva würde ihr fehlen. Ihre Besuche in ihrer gemütlichen Wohnung, vor allem aber ihre Gespräche und ihre Präsenz. Aber Martha war jetzt so weit. Sie war innerlich gestärkt und hatte mittlerweile einen kleinen, aber sehr feinen Kreis an Menschen, die ihr Leben bereicherten. Schottland war schließlich nicht aus der Welt und Zoom gab’s auch noch. Und eigentlich ganz cool: Jetzt hatte sie eine Freundin in Schottland, die sie besuchen konnte, wenn diese nicht gerade selbst auf Reisen war.

Und so machte sich Martha ans Pläne schmieden. Weihnachten würde sie in diesem Jahr zusammen mit Alva & Daniel in einem kleinen Hotel auf einer schottischen Insel verbringen: Jenny Colgan – Weihnachten im kleinen Inselhotel* – Und Glühwein schmeckt schließlich auch in Schottland.
(*Ich bin noch am Lesen, aber was ich bislang gelesen habe, gefällt mir sehr gut:-)

Besteht das ganze Leben nicht immer wieder aus Abschiednehmen? Gleichzeitig kommt Neues dazu. Seien wir offen, laden das Neue in unser Leben ein und lassen unser Leben bereichern. – What if I fall? – Oh, my darling, what if you fly?“

Frohe Weihnachten & ein gesundes und zufriedenes neues Jahr

Der Weihnachtsmann im Schlitten gezogen von Rentieren er findet dass Glühwein auch in Schottland schmeckt

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Anmerkung zum „Du“
: Mit dem Du überbrücke ich die Distanz, die zwischen uns, die wir uns nicht persönlich kennen, besteht.

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Bettina Bonkas, Coaching + Training | Im Ärmchen 3, D-61273 Wehrheim im Taunus | Contact | Impressum | Data Protection | Datenschutz Cookie-Settings | Cookie-Einstellungen