Schlechte Angewohnheiten ablegen – diese 6 Tipps helfen Dir dabei
Schlechte Angewohnheiten ablegen – wünschen sich das nicht die meisten von uns? Viele von uns kennen das in der ein oder anderen Form ziemlich gut: Weiteressen, obwohl wir schon satt sind. Mit Essen gegen die Frustration eines disregulierten Nevensystems angehen. Wein nach der Arbeit ist zu einem Automatismus geworden. Oder abends zu lange aufbleiben, die Zeit mit Dingen verbringen, die uns nicht guttun. Die Liste der Energieräuber lässt sich beliebig fortführen. – Stopp! Lasst uns lieber schauen, wie wir schlechte Angewohnheiten ablegen können und welche 6 Tipps Dir dabei helfen.
Ein Blick in unser Gehirn
Ich möchte mit Euch teilen, was ich im englischen Magazin Psychologies, Juni 2023, über unser Gehirn gelesen habe und wie wir schlechte Angewohnheiten ablegen können; ein starker Artikel, wie ich finde.
„Wir haben täglich nur eine begrenzte Kapazität an Energie zur Verfügung. Es ist das primäre Ziel unseres Gehirns sicherzustellen, dass wir die ausreichende Menge an Energie am richtigen Ort und und zur richtigen Zeit zur Verfügung haben, so dass der Körper versorgt ist. Das wird Körper-Budget genannt. Gewisse Dinge, die wir machen, geben uns Energie, andere rauben sie uns.“ Wir kommen zu den energiebringenden später.
Zuerst schauen wir uns unser Gehirn an, um ein besseres Verständnis zu bekommen.
➡ Unser Gehirn hat nur begrenzte Ressourcen. Wenn wir uns also den energieraubenden Dingen hingeben, muss unser Gehirn entscheiden, wie es die begrenzten Ressourcen verteilt. Das kann zur Konsequenz haben, dass wir nicht ausreichend Energie haben, um die Grundbedürfnisse unseres Körpers zu befriedigen. Kein Wunder also, wenn wir uns erschöpft fühlen und vielleicht sogar krank werden.
➡ Das Problem ist, dass unser Gehirn nicht so programmiert ist, automatisch die Dinge zu tun, die gut für uns sind.
Warum das?
➡ Wenn unser Gehirn jedes Mal all das verarbeiten müsste, mit dem es konfrontiert wird und jedes Mal aufs Neue Entscheidungen treffen müsste, würde es kollabieren. Es hat weder die Zeit, noch die Kapazität dafür. Das ist der Grund, warum es proaktiv statt reaktiv ist und zukünftiges Geschehen prognostiziert.
Und wie das? Basierend darauf, wie wir in der Vergangenheit gehandelt haben.
Automatismus spart Energie
Nehmen wir mal an, Du hast eine Angewohnheit entwickelt, Süßes zu essen, wenn Du gestresst bist (Handlung in der Vergangenheit). Wenn wir Süßes essen, wird das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert. Unser Gehirn verbindet mit Zucker ein Glücksgefühl und wenn wir immer wieder etwas Süßes essen, wenn wir uns gestresst fühlen, führt diese Wiederholung zu einem Automatismus und schließlich wird unser Verhalten vom Unterbewusstsein gesteuert. Als Konsequenz wirst Du jedes Mal, wenn Du gestresst bist, Verlangem nach etwas Süßem haben.
➡ Es ist viel energiesparender für unser Gehirn, den Weg des geringsten Widerstandes einzuschlagen. Dieser verbraucht viel weniger Energie als jedes Mal aufs Neue eine Entscheidung zu treffen, wenn es mit Auswahlmöglichkeiten konfrontiert wird.
➡ Der Weg des geringsten Widerstandes basiert auf vergangenen Handlungen, auf dem Vertrauten. Deswegen ist es so schwierig, schlechte Angewohnheiten abzulegen, wenn sich diese erst einmal eingespurt haben.
„Aber sicherlich muss es doch etwas geben, was ich tun kann?“, wirst Du jetzt denken. Und Recht hast Du. Lass uns gemeinsam einen Blick werfen auf:
Die beeindruckende Anpassungsfähigkeit unseres Gehirns
Die Antwort liegt in der Neuroplastizität des Gehirns, der Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern und anzupassen aufgrund von gemachten Erfahrungen. Wir wissen aus der Forschung, dass neue Nervenbahnen entstehen und bestehende verändert werden als Reaktion auf neue, veränderte Erfahrungen. (tutor2u)
In anderen Worten: Wir müssen neue Erfahrungen machen mit dem, was wir möchten, um in der Zukunft darauf zurückgreifen zu können. (Psychologies) Die neuen Erfahrungen, die wir machen, müssen eine neue Gewohnheit werden, so dass neue Nervenverbahnen entstehen. Neue Gewohnheiten, auf die wir zurückgreifen im Wissen, dass unser Gehirn proaktiv reagiert und zukünftige Handlungen prognostiziert.
Die Dinge positiv sehen
Professor Samuele Marcora, ein Sportwissenschaftler & -physiologe, untersucht die Bedeutung des Gehirns und die wahrgenommene Anstrengung bei der Erbringung von Leistung. In einem Experiment ließ er zwei Gruppen von Testteams in die Pedale treten. Für Millisekunden bekamen sie Gesichter gezeigt. Für die eine Gruppe lächelnde Gesichter, für die andere traurige.
➡ Die Gruppe, die die lächelnden Gesichter gezeigt bekam, schnitt besser ab und empfand die Anstrengung als weniger belastend.
Das Besondere daran: Keiner der Teilnehmer war in der Lage, die Gesichter bewusst wahrzunehmen. (Podcast: Prof Marcora and the Psychobiological model of endurance performance)
Wenn um Dich herum kein lächelndes Gesicht ist, lächle selbst. 🙂
Einfach ist es nicht
Das klingt soweit ziemlich ermutigend. Ist es auch. Realistischerweise muss man aber auch sagen, dass es Zeit und eine gewisse, mitunter sogar leidige, Anstrengung braucht, schlechte Angewohnheiten abzulegen. Es ist meistens einfacher, auf alte Angewohnheiten zurückzufallen, auch wenn wir wissen, dass sie uns nicht guttun.
Warum das?
➡ Weil sie in der Regel eine sofortige Belohnung garantieren im Gegensatz zu den neuen, die sich erst einmal ausbilden müssen und damit die neuen Nervenbahnen. Das braucht Zeit.
Aber es sind die guten Angewohnheiten, die uns Energie geben und unserer Gesundheit förderlich sind. Geduldig zu sein zahlt sich letztendlich aus. Aber wie können wir das umsetzen?
Schlechte Angewohnheiten ablegen
- Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete
Sagen wir mal Du möchtest Deinen gewohnheitsmäßigen Weinkonsum nach der Arbeit gegen ein Glas Wasser ersetzen. Bereite alles vor, fürs Auge einladend arrangiert, so dass Du nach der Arbeit nicht automatisch in alte Gewohnheiten fällst. Es geht darum, vom Autopiloten wegzukommen und erst einmal kurz zu stoppen und dann bewusst zu reagieren.
➡ Alles sollte dafür vorbereitet sein, so dass es so einfach wie möglich für Dich ist, den ersten Schritt in die neue Richtung zu gehen. Wenn Du im Vorfeld alles vorbereitest, verbraucht Dein Gehirn auch weniger Energie. Energie, die es anderweitig nutzbringender einsetzen kann.
➡ Wenn Du alles fürs Glas Wasser vorbereitest, tue dies bewusst und stelle Dir vor, wie es Deinen Energielevel auffüllt. Je mehr Du auf Dein Tun fokussiert bist, desto besser kann Dein Gehirn diese Information für zukünftige Vorhersagen in Deinem Interesse einsetzen. Und wiederhole, immer und immer wieder; so entstehen neue Nervenbahnen.
- Positive Selbstgespräche – mit Verständnis & Mitgefühl
Wir sind alle nicht perfekt. Vermutlich wirst Du wieder in alte Gewohnheiten zurückfallen; das ist ziemlich normal, insbesondere wenn es nicht rund läuft. Emotionen können sich auf neue Gewohnheiten auswirken, positiv oder negativ, je nachdem, welchen farbigen „Anstrich“ wir der neuen Erfahrung geben. Das Ermutigende: Wir wissen aus der Forschung, dass positive Emotionen zu erfolgreichen und nachhaltigen Resulaten beitragen.
➡ Anstatt Dich herunterzuziehen, sei stattdessen Dein/e eigene/r Cheer-leader/in, mit ermutigenden, bestärkenden und freundlichen Worten. Prof. Samuele Marcora rät seinen Sportlern zu positiven Selbstgesprächen. Dann kommen ihnen körperliche Herausforderungen weniger anstrengend vor. Auch ein Lächeln beim Laufen beflügelt.
➡ Dein Energielevel wird aufgefüllt, wenn Du Dich selbst gut behandelst und denke daran: Du kannst immer wieder neu anfangen. Die Plastizität unseres Gehirn, d.h. seine Fähigkeit, sich zu verändern, ist beeindruckend.
- Belohne Dich selbst – aber richtig
Dopamin reguliert unser Belohnungssystem. Essen ist eine Belohnung, das traf insbesondere in der Vergangenheit zu, als Essbares noch knapp war und unser Überleben sicherte. Aber wenn Du weg möchtest, von einer sofortigen Befriedigung mit den negativen Konsequenzen hin zu einem energiebringenden Lebensstil, musst Du längerfristige Ziele anstreben: mit Belohnungen.
➡ Es müssen keine großen Belohnungen sein, am Nachmittag ein interessantes Magazin (Psychologies:-) lesen oder spazierengehen, Deine Katze streicheln, was auch immer Dir guttut. Es muss gar nicht viel Geld kosten, aber wichtig ist, dass es eine Bedeutung für Dich hat und Dich belohnt, etwas, auf das Du Dich freust.
- Mit Unterstützung läuft’s besser
Schaue nach Leuten, die Dich unterstützen, Familie & Freunde oder zusammen mit anderen in einer Gruppe.
Sie werden diejenigen sein, die Dich motivieren, wenn es Dir an Motivation fehlt. Und Du wirst das Gleiche für sie tun, was wiederum eine positive Wirkung auf Dein Wohlbefinden hat.
Und gemeinsam macht’s meistens ohnehin mehr Spaß:-)
- Verstehe, wie Dein Gehirn funktioniert
Psychologies hat es sehr passend beschrieben: „Es kann sich wie ein permanenter Kampf mit unserem Gehirn anfühlen, wenn wir etwas verändern möchten, es aber nicht schaffen, dranzubleiben.“ Aus diesem Grund nimmt zu Beginn dieses Blogbeitrags die Funktionsweise unseres Gehirn einen großen Raum ein, denn damit Veränderungen wirksam werden, müssen wir verstehen, was im Hintergrund abläuft oder sagen wir so, es macht es einfacher.
Wenn wir verstehen, wie unser Gehirn arbeitet, erscheinen seine Reaktionen nicht mehr so willkürlich, sondern sie zeigen vielmehr den cleveren Mechanismus im Hintergrund, der das Funktionieren unseres Gehirns sicherstellt.
➡ Und es zeigt auch, dass wir es selbst in den Händen haben, Veränderungen zu unseren Gunsten vorzunehmen.
- Meilensteine in kleinen Schritten
Wir wissen aus der Forschung, dass die meisten Menschen aufgeben, weil sie die Messlatte zu hoch ansetzen. Ich habe einen Blogbeitrag über Zielerreichung geschrieben Schritt für Schritt zum Ziel – Lass Deine Ziele Realität werden , indem ich ein Beispiel gebe, wie ich es nach einem Autounfall geschafft habe, mit dem Auto von Deutschland nach England zu fahren, was eine sehr große Herausforderung für mich war.
Psychologies gibt ein sehr gutes Beispiel, warum sich Veränderungen nur langsam und allmählich vollziehen: „Veränderungen sind von Natur aus gefährlich für uns, aus diesem Grund fühlen sich die meisten Menschen nicht wohl damit. Wenn wir versuchen, zu viel in einem Rutsch zu verändern, fühlt sich unser Körper unsicher, weswegen wir in den Bedrohungsmodus fallen können, der nicht förderlich ist, neue und energiebringende Gewohnheiten zu entwickeln.“
➡ Ein anderer Grund, warum das Vorgehen in kleinen Schritten erfolgsversprechender ist liegt darin, dass Lernen sehr viel Energie verbraucht. Unser Gehirn braucht Zeit, all das, was es gelernt hat, zu verarbeiten. Deswegen gib Dir Zeit, damit das Neue erst einmal in Dein Bewusstsein dringen kann und zur neuen Norm wird.
➡ Unsere Trainer in der Coachingausbildung sagten immer: Take baby steps. Einen Schritt nach dem anderen. Du kannst Dinge nicht übers Knie brechen, gehe es stattdessen langsam an und gib Dir die Zeit, die Du benötigst für gesunde und nachhaltige Veränderungen. Dein Körper, Geist und Seele werden Dir dankbar für Deine Geduld sein.
Zusammenfassung:
- Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete
- Positive Selbstgespräche – mit Verständnis & Mitgefühl
- Belohne Dich selbst – aber richtig
- Mit Unterstützung läuft’s besser
- Verstehe, wie Dein Gehirn funktioniert
- Meilensteine in kleinen Schritten
Und vergiss nicht,
- Dich an Deinem Erfolg zu erfreuen. Das ist großartig, was Du geschafft hast!
- zu leben und fünf gerade sein zu lassen. 🙂
Du bist an dem Thema interessiert,
- fühlst Dich aber etwas überfordert und wünschst Dir eine ergänzende oder tiefergehende Stärkung?
- merkst aber, dass Du alleine nicht weiterkommst?
-> Dann könnte mein Coaching interessant für Dich sein. Manche Themen sind vielschichtiger und benötigen einen intensiveren Blick darauf. Gerne kannst Du ein kostenloses Kennenlerngespräch buchen.
Interessiert? Dann freue ich mich, von Dir zu hören.
Anmerkung zum „Du“: Mit dem Du überbrücke ich die Distanz, die zwischen uns, die wir uns nicht persönlich kennen, besteht.
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